Crowdmarketing ist eine Untergruppe von Crowdsourcing, genau wie Crowdfunding. Crowdsourcing als Zusammensetzung von Crowd („Masse“) und Outsourcing (Auslagern) bedeutet die Auslagerung von Teilaufgaben an eine Crowd mittels Internet(plattformen).
So betrachtet, kann man dem Crowdmarketing unter Berücksichtigung der klassischen Marketinglehre (4 bis 7 Ps) bekannte Aufgaben in neuem Gewand und mit wesentlich höherer Geschwindigkeit übertragen:
* Market Research/Benchmarking
* Product, Price, Place, Promotion Testing
* Bug Testing (IT)
* Content Creation
* Content Diffusion (viral PR/Product Placement)
um nur einige zu nennen.
Wie bei allen crowdbezogenen Aktivitäten – ob bei Startups oder etablierten Firmen, ob im Profit- oder Non-Profit-Bereich – muss jedoch darauf geachtet werden, dass ein professionelles Community Management an Bord ist. Gemeint ist diese seltene Mischung aus Journalist/in, Psychologe/in und Campaigner/in, die Trolle erkennt und schadlos schaltet, Einwände in Begeisterung verwandeln, gute virale Kampagnen entwickeln sowie Crowdideen aufgreifen und umsetzen kann. Je nach Erwartungshaltung der Community (24/7, Expertenweiterleitung) kann hier ein ganzes Team sinnvoll sein. Je inhaltlich komplexer bzw. je wichtiger der Anfrager, desto schneller sollte zu einem Experten/C-Level weitergeleitet werden können. Wenn also z.B. in einer Crowdfundingkampagne ein potenter Unterstützer eine komplexe Frage zum Businessplan oder Finanzierungskonstrukt hat, sollte er zum CEO/CFO weitergeleitet bzw. ein Telefontermin mit diesen arrangiert werden können.
Für alle Serviceleistungen im Crowdmarketing gibt es Plattformen, deren Geschäftsmodell genau darin besteht, Anfrager und (meist solo-selbständige) Dienstleister zusammen zu bringen. Dazu zählen nicht nur Handwerkerportale wie myHammer oder thermondo, sondern auch Putzdienstleister wie helpling, Texter/Übersetzer-Portale wie content.de, Online-Marktforschungsportale wie myGov oder Mikrotaskportale wie Streetspotr und clickworker. Bei Letzteren kann z.B. ein aktuelles Produktfoto eines bestimmten Markenartikels im Supermarkt-Regal für eine Präsentation benötigt werden. Innerhalb weniger Stunden hätte er dank Smartphones und schneller Auftragsabwicklung durch entsprechende Portale schon eine große Auswahl zu Verfügung
Damit nähern wir uns dem Sammelbegriff Crowdworking, zu dem auch die Gewerkschaften mit ihrem Bewertungsportal FairCrowdWork.org einen Transparenzbeitrag leisten.
Der Crowdtester testbirds aus München hat zusammen mit der IG Metall, anderen Crowdworking-Plattformen und dem Deutschen Crowdsourcingverband schon 2015 eine Initiative zu einem Code of Conduct (www.crowdsourcing-code.de) für bezahlte Crowdworkingarbeit zur fairen Zusammenarbeit von Crowdworkern und Crowdsourcing-Unternehmen gestartet, der laufend überarbeitet wird (letztes Update Januar 2017).
Ein wichtiges Gebiet, auf dem ich die Weisheit der Masse ebenfalls für mich arbeiten lassen kann, ist die Crowdinnovation, also die systematische Entwicklung von neuen und besseren Produkten durch die Crowd, wiederum mittels entsprechender Plattformen. Hier sind die Schweizer tatsächlich eines der ersten Länder gewesen, die Open Innovation vorangetrieben haben. Eine Übersicht über CI-Plattformen findet sich hier.
Welchen Nutzen hat also der Marketer davon, nun auch noch neben allen Anregungen von fachfremden Kollegen, Vertrieb und Schlüsselkunden (die ja sich alle selbst als geborene Marketingexperten sehen) ausgerechnet die Weisheit der Masse(n) für sich arbeiten zu lassen?
1. Weil er hier vielleicht auf Marktnischen und Produktideen bzw. -varianten aufmerksam gemacht wird, auf die er in seinem Innovations-Bubble nie selbst gekommen wäre. Hier schlägt der lange Schwanz des Long-Tail-Marketings durch Anzapfen fachfremden gesunden Menschenverstands endlich mal sinnvoll zurück.
2. Weil er die Crowd durch Bewertungstools an der Auswertung der Ergebnisse teilhaben lassen kann, wodurch deren Shortlist-Qualität deutlich steigt. Man denke nur an die berühmten Versuche, wo auf Volksfesten das Gewicht von Kühen geschätzt werden soll: je mehr Schätzer einen Wert nennen durften (und dabei die Werte der vorherigen Schätzer sehen konnten), desto genauer wurde die Schätzung. Ähnliches kann man bei Preisschätzungen und Marktprognosen beobachten.
3. Weil er die Ergebnisse dank moderner Kommunikationsmittel in einer nie dagewesenen Geschwindigkeit, manchmal sogar in real time, erhält.
4. Weil es vielfach preislich günstiger und transparenter ist.
5. Weil durch die Aktivierung vieler, oft auch querdenkender Hirne eine Ergebnisvielfalt zustande kommt, die vielerlei Verwendungsmöglichkeiten ergibt: Gibt es eigentlich Geschäftsmodelle für die Verwertung von Platz 2-10 einer Crowd Innovation Challenge?
6. Weil die Plattformen ihm viel Verwaltungsarbeiten abnehmen, da sie ihre Crowd genau kennen und den auftraggebenden Marketer beraten können, welche Aufgabe er lieber nicht beauftragt oder wie er die Aufgabe crowdgerecht formuliert und vergütet.