Es kommt oft vor, dass mit heißem Herzen und einer guten Idee gestartete Startups nach den ersten erfolgreichen Betaphasenmonaten und den ersten Testkundenverkäufen zu mir kommen und fragen, wie sie sich denn gesellschaftsrechtlich organisieren sollten, um für eventuelle Investoren attraktiv zu sein.
Darauf gibt es mehrere Antworten:
1. Ohne es zu wissen, sind sie bereits eine GbR, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, wenn sie ein wirtschaftliches Ziel gemeinsam verfolgen, auch ganz ohne Vertrag. Beschließen also mindestens 2 Leute, z.B. an einer Ampel stehend, den gegenüberliegenden Eiswagen leerzukaufen, das Eis mit Waffeln und Smarties drauf anderswo selbst zu verkaufen, kann eine handfeste GbR daraus entstehen. Pferdefuß dabei: Vollhaftung mit eigenem Vermögen, auch für die geschäftlichen Fehler des GbR-Partners. Also aufgepasst: Fachmann fragen!
2. Ein Gesellschaftervertrag ist stets sinnvoll, um die gegenseitigen Rechte und Pflichten schriftlich zu fixieren. Dazu gehören neben den Verantwortungsbereichen, der Konsenzbildung und der Gewinnverteilung natürlich auch die Eventualitäten der Berufsunfähigkeit oder des Todes einer der Gesellschafter (keine Kinder oder verwandten des betroffenen Gesellschafters in der Geschäftsführung!), des Anteilverkaufs bzw. Exits (alle Gesellschafter einigen sich einvernehmlich mit dem Übernehmer).
3. Bei den Rechtsformen wird bekanntlich zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften unterschieden. Für Startups relevant sind GbR, UG und GmbH. Renommee bei Banken und vielen Investoren hat allein die 70% aller Rechtsformen in Deutschland ausmachende GmbH, die 12.500 € Stammkapital bei Gründung (die anderen 12.500 € müssen per Gesellschafterbeschluss nach spätestens 2 Jahren beigebracht werden) aufbringen und bilanzierte Jahresabschlüsse vorlegen muss. Das Stammkapital kann bar, allerdings auch in Sachwerten (Gutachten!) gestellt werden.
4. Inhalt des Gesellschaftervertrages, insbesondere aber auch der Verträge mit den angestellten Nicht-Gesellschaftern, sollte auch eine gewisse Bindung wertvoller Mitarbeiter ans Unternehmen in Form von leistungsbezogenen Vergütungen sowie mit der Dauer der Unternehmenszugehörigkeit anwachsenden, aber in den ersten Jahren unveräußerlichen Gesellschaftsanteilen (vested) sein. Dadurch werden überzogene Gehaltsforderungen vermieden und ein Liquiditätsabfluss in der Aufbauphase der Unternehmung verhindert. Wer durchhält, wird manchmal auch belohnt: Der Börsengang von Facebook 2012 machte etwa 1000 Angestellte zu Anteilsmillionären.
Die oft geäußerte Angst, nach einer Crowdfundingkampagne nicht mehr attraktiv für Investoren zu sein, weil zu viele Einzelverträge mit Kleininvestoren vorlägen, die zu viel Arbeit beim Squeeze-out (Herausdrängen der Altanteilseigner durch einen Unternehmensaufkäufer) machen würden, ist unberechtigt. Crowdfunding im engeren Sinne – also Reward-based (materielle oder immaterielle Belohnung für die Unterstützer) oder Pre-Selling (Vorfinanzierung durch die Unterstützer und späterer Vorzugskauf des Kampagnenproduktes) – hat keinerlei Anteilserwerb zur Folge, ist ein reines PR- und Ad-Hoc-Crowdfinanzierungsinstrument. Dasselbe trifft auf Crowdlending zu, wobei es sich um einen Kredit aus der Crowd handelt, also ebenfalls ohne Anteilserwerb, aber mit zum Teil sehr ordentlichen Zinsen (max. 15% in Deutschland).
Auch nach einer Crowdinvestingkampagne muss kein Investor heute mehr fürchten, einer unübersehbaren Zahl von Einzelverträgen mit lauter unterschiedlich kontrahiert habenden Anteilseignern gegenüber zu stehen. Alle Crowdinvestingplattformen haben heute Poolverträge, d.h. die Verträge sind nicht nur gleichartig, sondern alle Anteilseigner – meist in der Summe nicht mehr als 10% aller Anteile – haben einen Sprecher und sind mit Mehrheitsentscheid abstimmend.
Hinweis: dieser Beitrag soll für das wichtige Startup-Thema Gesellschaftsverträge sensibilisieren und ersetzt keine Rechtsberatung! Dafür sind erfahrene Juristen hinzuzuziehen.